Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Peter-René Gülpen
Fachanwalt für Strafrecht
StrafverteidigeR
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Pflichtverteidigung _______________________________________________ Pflichtverteidiger Unter bestimmten Voraussetzungen hat ein Beschuldigter bzw. Angeklagter Anspruch auf die Beiordnung eines Pflichtverteidigers. Man spricht dann von einem Fall der "notwendigen Verteidigung". Als Pflichtverteidiger bezeichnet man einen im Strafprozeß durch das Gericht beigeordneten Verteidiger. Im Gegensatz zum staatlich bestellten Pflichtverteidiger steht der Wahlverteidiger, den der Angeklagte selbst benennt und damit auswählt. Der Pflichtverteidiger hat alle Rechte, die auch ein Wahlverteidiger hat. Ein Pflichtverteidiger ist kein "Notbehelfs-Anwalt" oder etwa ein "Verteidiger 2. Klasse", auch wenn in US-amerikanischen Kriminalfilmen gelegentlich der gegenteilige Eindruck vermittelt wird. Pflichtverteidiger – im Gesetz als "notwendiger Verteidiger" bezeichnet – haben jedoch wegen der Bestellungspraxis der Gerichte nicht den besten Ruf und dies in vielen Fällen sicherlich zu Recht. Dies liegt vor allem auch daran, daß ein Pflichtverteidiger vom Beschuldigten oder Angeklagten häufig als ein durch das Gericht aufgezwungener Verteidiger erlebt wird und sich schon deshalb Zweifeln an seiner Kompetenz, Loyalität und Interessenlage ausgesetzt sieht. Häufig werden durch das Gericht auch nur solche Pflichtverteidiger bestellt, die zum Freundes- oder Bekanntenkreis eines Ermittlungsrichters gehören oder die einen Verteidigungsstil ohne Konfliktbereitschaft oder -fähigkeit pflegen und sich hierdurch in Gerichtskreisen bewähren und etablieren. Dem können und sollten Sie vorbeugen und von dem Ihnen eingeräumten Wahlrecht Gebrauch machen, sich Ihren Strafverteidiger selbst auszusuchen. Sollte das Gericht Sie im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens anschreiben oder bspw. mit Übersendung der Anklageschrift auffordern, einen Pflichtverteidiger bzw. einen Verteidiger Ihres Vertrauens zu benennen, beachten Sie dabei unbedingt die Ihnen dort gesetzte Frist. Voraussetzungen der Pflichtverteidigung Ein Pflichtverteidiger wird nur in den Fällen der sog. notwendigen Verteidigung bestellt. Notwendige Verteidigung bezeichnet dabei eine Verfahrenslage, in der der Gesetzgeber davon ausgeht, daß der Angeklagte sich nicht selbst verteidigen kann. Liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor, so muss ein Pflichtverteidiger bestellt werden und zwar unabhängig davon, ob der Angeklagte bzw. Beschuldigte sich eines Verteidigers bedienen will oder nicht (dann landläufig als "Zwangsverteidiger" bezeichnet). Der Pflichtverteidiger wird von der Staatskasse bezahlt. Dessen Gebühren sind Verfahrenskosten, die im Falle einer Verurteilung vom Angeklagten zu tragen sind. In § 140 Abs. I StPO sind die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung aufgeführt, u. a. namentlich
In § 140 Abs. II StPO sind zusätzlich durch eine sog. Generalklausel weitere Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung geregelt. Danach ist u. a. ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, daß sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Hier ist bspw. als Faustregel der Fall zu nennen, daß der Angeklagte mit einer Freiheitsstrafe von etwa einem Jahr und mehr zu rechnen hat oder die Beweislage kompliziert und unübersichtlich ist. Wenn durch eine erneute Verurteilung der Widerruf einer laufenden Strafaussetzung zur Bewährung droht, kann dies ebenfalls einen Fall der notwendigen Verteidigung darstellen. Insbesondere wenn Sie schon einmal zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden und nun angeklagt sind, sollten Sie mit einem Rechtsanwalt über die Frage der Beiordnung eines Pflichtverteidigers sprechen. Ferner kommt die Beiordnung eines Pflichtverteidigers in Betracht, wenn für den/die Beschuldigte(n) eine gesetzliche Betreuung eingerichtet ist und daher die Selbstverteidigungsfähigkeit zweifelhaft erscheint. Auf die Schwere der Tat oder die Schwierigkeit der Rechtslage kommt es dabei hier regelmäßig nicht an. Dies bedeutet im Umkehrschluß, dass in den Fällen der reinen Bagatell-, Klein- und Alltagskriminalität eine Pflichtverteidigung in der Regel eher nicht in Betracht kommt. Auch die Mittellosigkeit des Angeklagten stellt keinen Beiordnungsgrund dar. Denn entgegen der landläufigen Meinung dient die Beiordnung eines Pflichtverteidigers nicht dazu, einem mittellosen Angeklagten einen Verteidiger zu finanzieren. "Ich kann mir keinen Anwalt leisten" ist daher kein Grund zur Bestellung eines Pflichtverteidigers. Die Inanspruchnahme staatlicher Prozeßkostenhilfe, im Volksmund früher gerne auch als "Armenrecht" bezeichnet, ist im Rahmen des Strafverfahrens zur Erlangung eines strafverteidigenden Beistandes gesetzlich nicht vorgesehen. Auswahl des Pflichtverteidigers - ein heikles Thema Dem Beschuldigten ist Gelegenheit zu geben, einen Rechtsanwalt seines Vertrauens zu benennen, der als Pflichtverteidiger beigeordnet werden soll. Das Gericht bestellt in der Regel sodann diesen von Ihnen benannten Verteidiger, wenn nicht gewichtige Gründe entgegenstehen. Benennt der Beschuldigte/Angeklagte keinen Pflichtverteidiger, dann hat der Richter diesen aus dem Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 BRAO - Bundesrechtsanwaltsordnung) auszuwählen. Dabei soll aus den dort eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden, § 142 Abs. VI StPO. Die Auswahl des Pflichtverteidigers ist somit zwar in § 142 StPO geregelt, aber das Gesetz trifft keine Regelungen, nach welchen Kriterien das Gericht konkret den Anwalt auswählt. Diese Vorgehensweise ist nicht unproblematisch und stellt wohl auch einen der Gründe für den in der Volksmeinung oftmals anzutreffenden schlechten Ruf der Pflichterteidigung dar. Viele Richterinnen und Richter üben ihr Auswahlermessen bei der Pflichtverteidigerbeiordnung verantwortungsvoll aus, da es ihnen zuvorderst darum geht, im Rahmen eines fairen Verfahrens dem Angeklagten eine kompetente Verteidigung zur Seite zu stellen. So manchem Richter kommt es aber mitunter in erster Linie darauf an, das Strafverfahren schnell und vor allem unkompliziert und bequem zu erledigen. Hierbei kann ein Strafverteidiger als störend empfunden werden, der sich engagiert für die Belange des Mandanten einsetzt oder kritische Fragen stellt - und dadurch "unbequem" wirkt. Deshalb wird ein solcher Richter einen Pflichtverteidiger auswählen, den er aus früheren Verhandlungen oder persönlicher Bekanntschaft kennt und von dem er weiß, daß dieser nicht "allzu engagiert verteidigt". Nicht selten entscheidet sich eine Beiordnung auch weniger nach der Frage, ob der Verteidiger kompetent ist oder ob es sich um einen dem Gericht gefälligen und angenehmen "verurteilungsbegleitenden" Verteidiger handelt, der lediglich als Beschwichtigungsapostel auf den Angeklagten einwirkt und für einen schnellen und vor allem alsbald rechtskräftigen Abschluß eines Verfahrens sorgt. Nicht jeder Rechtsanwalt ist auch Strafverteidiger Insbesondere unerfahrene Beschuldigte und Angeklagte, die erstmalig mit der Situation einer Pflichtverteidigerbestellung konfrontiert sind, werden erst (zu) spät einen Einblick erhalten, ob ihnen der oder die Richter/in einen qualifizierten Strafverteidiger zum Beistand bestellt oder einen der notorisch bevorzugt gerichtskonformen "üblichen Verdächtigen" als Pflichtverteidiger beigeordnet hat, der mit Blick und Hoffnung auf künftige Beiordnungen Sie dementsprechend in einer Weise verteidigen wird, bei der er möglicherweise darauf bedacht sein wird, sich tunlichst durch Konfliktvermeidung die lukrativen Sympathien des Gerichts zu erhalten bzw. zu sichern. Bei solchen Konstellationen hat der Angeklagte zumeist das Nachsehen, wenn statt einer konformen "Geständnis-Romantik" die Ausbringung von Beweisanträgen oder die Einlegung von Rechtsmitteln für den Pflichtverteidiger bisweilen einen wirtschaftlichen Interessenkonflikt darstellen könnte (vgl. Burhoff, Richter OLG Hamm a.D., Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 7. Auflage, Rn. 2763). Wenn dabei Richter und zutrauliche Pflichtverteidiger nach längerem Poussieren zu "guten Kumpels" avancieren, wird ein solcher Pflichtverteidiger tunlichst alles vermeiden, um seine sichere Konjunktur- und Auftragslage nicht zu gefährden und keinerlei Mißfallen riskieren. Das dabei Ihre Verteidigungsinteressen nachrangig sind, liegt auf der Hand. Eine Bestellung durch das Gericht lässt sich allerdings leicht dadurch vermeiden, indem der Beschuldigte selbst einen Pflichtverteidiger auswählt. Nutzen Sie daher dieses Auswahlrecht und lassen Sie sich keine staatlich alimentierte "Verurteilungsbegleiter", Palliativ-Verteidiger oder "Vertragsanwälte" mit "eingebautem Rechtskraftverstärker" beiordnen, die in kritischen Justizkreisen nicht selten auch als sog. "Gerichtsnutten" (vgl. Föhrig, VRiLG a.D., Kleines Strafrichter-Brevier) bezeichnet werden. Zeitpunkt der Pflichtverteidigerbestellung Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 hat das Pflichtverteidigungsrecht erhebliche Änderungen erfahren, welche insbesondere den Schutz und die Rechte des Beschuldigten stärken sollten. Danach soll der Beschuldigte bei Vorliegen der Voraussetzungen einer notwendigen Verteidigung gemäß § 140 StPO nun auch schon im Ermittlungsverfahren eine unverzügliche Entscheidung über die Beiordung eines Pflichtverteidigers herbei-führen können. Diesen Antrag auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers kann der Beschuldigte dabei nicht nur gegenüber der Staatsanwaltschaft sondern auch schon frühzeitig gegenüber der Polizei - vor seiner Vernehmung - anbringen. Gemäß § 141 StPO wird in Fällen der notwendigen Verteidigung unverzüglich ein Pflichtverteidiger bestellt, wenn der Beschuldigte dies nach Belehrung ausdrücklich beantragt. Gemäß § 142 StPO legt die Staatsanwaltschaft einen solchen Antrag mit einer Stellungnahme unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vor. Obgleich sowohl die gesetzliche Zielsetzung als auch die Regelungsinhalte recht eindeutig und unmißverständlich sind, ist insbesondere die Staatsanwaltschaft erstaunlich häufig und allzu offensichtlich mit der praktischen Handhabung und Umsetzung der gesetzlichen Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung überfordert, wobei es vielfach an einer Normakzeptanz hinsichtlich der eindeutig zugunsten der Beschuldigten eingerichteten Rechte zu fehlen scheint. Insgesamt scheint das Gesetz in Justizkreisen nicht sonderlich beliebt zu sein; es dient nach der Intention des Gesetzgebers vor allem dem Schutz des Beschuldigten. Leider gibt es viele Staatsanwälte/innen, die einen solchen Beiordnungsantrag nicht, wie es das Gesetz vorsieht, unverzüglich an den Ermittlungsrichter weiterleiten, sondern diesen erst einmal Monate lang unbeachtet lassen oder schlichtweg gar nicht erst an das Gericht weiterleiten. Gemäß § 141 Abs. II Nr. 4 StPO ist der Verteidiger jedoch spätestens dann zu bestellen, wenn die/der Angeschuldigte zur Erklärung über die Anklageschrift aufgefordert wird, mithin wenn ihm diese zugestellt wird und das Zwischenverfahren beginnt. Generell ist in § 142 Abs. V StPO bestimmt, daß dem Angeschuldigten Gelegenheit gegeben werden soll, innerhalb einer vom Gericht bestimmten Frist einen Rechtsanwalt zu bezeichnen. Bevor das Gericht also einen Pflichtverteidiger bestellt, erhält der Angeschuldigte die Aufforderung, selbst einen Rechtsanwalt zu benennen. Sollte das Gericht bspw. mit der Anklageschrift auffordern, einen Pflichtverteidiger zu benennen, beachten Sie in Ihrem Interesse unbedingt die dort gesetzte Frist. Lassen Sie sich nicht von dem jeweiligen Gericht einen Ihnen unbekannten Verteidiger beiordnen. Nutzen Sie Ihr Wahlrecht und benennen Sie rechtzeitig einen Anwalt Ihres Vertrauens. Unter den bestimmten - fristgebundenen - Voraussetzungen des § 143a StPO kommt zwar mitunter auch noch später ein Verteidigerwechsel in Betracht. Setzen Sie aber nicht allzu große Hoffnungen darauf: die Hürden sind durchaus hoch und Gerichte "verteidigen" nicht selten "ihre" mitunter gezielt ins Verfahren installierte Pflichtverteidiger. Verteidiger Ihres Vertrauens Die Kanzlei Dr. Gülpen übernimmt jederzeit Pflichtverteidigungen: seriös, loyal und vor allem unabhängig. Wir betreiben keine Beiordnungsprostitution. Lassen Sie sich daher als Beschuldigter oder als Angeklagte im Einzelfalle beraten, ob die Voraussetzungen der Beiordnung eines Pflichtverteidigers vorliegen. Wir prüfen für Sie in einem kostenfreien Erstgespräch, ob es sich bei Ihrem Anliegen um einen möglichen Fall einer notwendigen Verteidigung handelt. Nehmen Sie rechtzeitig Kontakt zu uns auf, damit wir uns für Sie als notwendiger Verteidiger bestellen können. |
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